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AnnenMayKantereit
„Stellt mal ’nen Hut auf!“

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Von der Straßenmusik zur GbR und zur ersten CD – Text und Interview Felix J. Grosser – Blues-Röhre, Folk-Gitarre, Reminiszenzen an Chanson und Liedermacher. Alles vorgetragen mit Überzeugung und nicht von zehn Schichten ironischen Meta-Augenzwinkerns überzogen. So kann man 2014 in Köln auch Erfolg haben. Und nicht nur hier. Seit letztem Jahr mit ihrem ersten Album im Gepäck,

stoßen die drei blutjungen Kerls von AnnenMayKantereit bei ihren ausgedehnten Live-Aktivitäten auch im Rest der Republik auf offene Ohren und Herzen.

Wie macht man so was und wo kann das noch hinführen? Seconds hat nachgefragt.

Seconds: Wie habt ihr euch als Band zusammengefunden?

AnnenMayKantereit: Wir sind zusammen auf das Schiller-Gymnasium gegangen. Severin und Henning saßen in der letzten Reihe im Englischunterricht nebeneinander – so beginnen nun mal die schönsten Freundschaften. Christopher hat Henning und Severin durch seinen kleinen Bruder kennengelernt, der darauf bestand, dass wir Musik zusammen machen. Irgendwann haben wir dann 2011 gemeinsam Straßenmusik gemacht und gemerkt, wie viel Spaß man dabei hat. Spätestens beim ersten Konzert waren wir dann eine Band.

Wenn man euren Songs lauscht, hört man sofort Einflüsse raus, die man im aktuellen Pop weniger gewohnt ist. Klingt da einfach eure musikalische Sozialisierung durch oder steckt mehr dahinter?

Wir versuchen nicht, bestimmten Genres mehr Gehör zu verschaffen oder uns abzugrenzen. Wir wollen lediglich Musik machen und die unterliegt nun mal den verschiedenen Einflüssen der Bandmitglieder. Chrisi hat lange klassische Gitarre gespielt, liebt Blues und Folk und hat immer gerne Musik aus den 60ern gehört. Sevi hat lange elektronische Musik gemacht, aber auch Gitarre in einer Punkrockband gespielt. Henning hat politisches Kabarett gemacht und war auch immer Fan von Liedermachern. Jeder hat einen anderen Hintergrund und natürlich haben wir viele gemeinsame Lieblingsbands und Künstler wie die Beatles, Bob Dylan oder Ray Charles.

AnnenMayKantereit-Köln

Habt ihr das Gefühl, dass in eurer Generation wieder eine größere Hinwendung zu entsprechenden Styles stattfindet und wenn ja, was könnten Gründe dafür sein?

Es ist unmöglich, die Vorlieben einer ganzen Generation zu erfassen. Auf jeden Fall lieben wir handgemachte Musik. Aber es ist schon auch so, dass in der aktuellen Musiklandschaft immer weniger Bands „echte“ Instrumente spielen. Der Überfluss an Indie- und elektronischen Formationen ist ja unübersehbar.

Fühlt Ihr Euch in der Beziehung einer bestimmten Szene oder Bewegung zugehörig?

Nein, das nicht.

Ihr habt euch als Band selbstständig gemacht und eine eigene GbR gegründet. Ihr erledigt auch den Vertrieb des Albums in Eigenarbeit. Steht dahinter eine bestimmte Philosophie?

Nein, das ist keine Philosophie. Wir wollten am Anfang kein Album machen, weil wir uns musikalisch noch nicht weit genug gefühlt haben. Als wir dann soweit waren, wollten wir das erste Album einfach deshalb komplett selbst organisieren, weil wir finden, dass man wissen sollte, wie das geht. Ein Label kam ersteinmal nicht in Frage für uns. Aber natürlich wollen wir irgendwann mit einem Label zusammenarbeiten, sofern die Zusammenarbeit unseren Vorstellungen entspricht und wir immer noch das machen können, was wir wollen. Das ist halt nunmal in erster Linie Musik. Und je mehr man selber machen muss – Versand, Steuer, Booking etc. – desto weniger Zeit hat man dafür.

Auch erste Gigs habt ihr euch auf unkonventionelle Art und Weise besorgt: Ihr habt einfach auf der Straße gespielt. Wie kam’s dazu?

Das ist im Nachhinein schwierig zu sagen. Wahrscheinlich war schönes Wetter und wir wollten draußen Musik machen. Als dann immer mehr Leute gesagt haben: „Stellt mal ’nen Hut auf!“, haben wir das eben gemacht.

Was erlebt man so als Straßenmusiker in Köln?

Man ist ja auf der Straße immer einem völlig unberechenbaren Publikum ausgesetzt. Da gab es viele schöne Geschichten, zu viele um sie alle zu erzählen. Aber eine liegt uns besonders am Herzen: Ein kleines Kind hat das Geld aus unserem Hut genommen und seinem Vater gebracht. Der Vater hat das Geld immer wieder zurückgebracht und sich entschuldigt aber das Kind wollte nicht aufhören. Irgendwann hat der Vater dann einfach 20 Euro reingelegt und das Kind durfte sich bedienen.

Wie nehmt Ihr sonst als junge Musiker die hiesige Musikszene wahr?

Es ist schön in Köln. Es gibt eigentliche jedes Level an Live-Locations. Man kann vor zehn Leuten in einer Galerie spielen, vor 50 in kleinen Clubs bei „OpenMic“-Abenden, vor 150 in Keller-Clubs, vor bis zu 10.000 in der Lanxess-Arena. Es gibt viel Straßenmusik und natürlich auch eine etwas eingerostete, aber sehr liebenswerte Jazz-Szene.

Die Release-Show zu eurem ersten Album habt ihr im Gebäude 9 gespielt. Das ist ja nun erst kürzlich der Schließung entgangen. Wie steht ihr zu der ganzen Debatte?

Das Gebäude 9 ist einer der Läden, die es in jeder Stadt geben sollte. Hier mischen sich nicht nur die Besucher, sondern auch die Künstler. Internationale, nationale und lokale Bands haben hier eine Möglichkeit, in einem gut vernetzten Club den Sprung auf die nächste Ebene zu wagen. Es gibt in Köln keinen Laden in dieser Größe, der sich über so lange Zeit für Künstler engagiert hat. Außerdem vergisst man oft: Das Gebäude 9 ist eben nicht nur ein Gebäude. Da stehen Menschen dahinter, die wahnsinnig viel Herzblut investiert haben.

Wie geht’s weiter mit AnnenMayKantereit?

Wir werden Lieder schreiben, Musik machen und gute Freunde bleiben. Ein neues Album aufnehmen, viele Konzerte spielen, viel Spaß haben und viele Leute kennenlernen.

Albun---AnnenMayKanterreit

ANNENMAYKANTEREIT (2013)
Wohin Du Gehst – James – Jeden Morgen
What He Wanted – Schon Krass – Leavin
Interlude – Oft Gefragt – Dont You Say A Word
Barfuß Am Klavier – Mir Wär Lieber Du Weinst

http://annenmaykantereit.com

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