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Sonja Rhode – Mein Traum vom Fliegen

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Sonja Rohde ist dem Weltraum schon ganz nahe. Sie wurde von Sir Richard Branson höchstpersönlich als erste deutsche Frau im All vorgestellt.
Es ist das letzte große Abenteuer der Menschheit, bei dem man noch mal die Chance hat, völlig neue Räume zu betreten. Ich wollte aber nicht unbedingt die Erste sein, das hat sich einfach so ergeben. Und ich freue mich, dass ich dem Projekt Starthilfe geben kann.

Das Weltraumwunder Space-Ship-Two eröffnet nicht nur neue, ungeahnte Dimensionen für Privatpersonen, sondern demonstriert auch neueste Technik für die Weltraumforschung. Es wird nicht, wie andere Raumschiffe vom Boden aus starten, sondern wird vom Trägerflugzeug „White Knight Two“ in eine Höhe von 50.000 Fuß befördert, um von dort seine Reise ins All selbstständig fortzusetzen. Es wird nur acht Personen transportieren, davon zwei Piloten und sechs Passagiere. An einem der ersten Flüge wird die Deutsche Sonja Rohde teilnehmen.

Ein Interview von Katharina Ley

Seconds: Frau Rohde, Ihre Geschichte erinnert ein wenig an den Beginn eines Spielfilms: erst der Kindheitstraum von einer Reise ins Weltall und dann die zufällige Begegnung mit dem Multimilliardär Sir Richard Branson, die Ihren Kindheitstraum plötzlich in greifbare Nähe rückt. Wie haben Sie diese Begegnung damals erlebt und wie hat sie Ihr Leben dadurch verändert?

Sonja Rohde: Ich habe gedacht, diese Begegnung muss mein Schicksal sein, und sofort zugesagt, dass ich auf jeden Fall mitfliegen will. Diese Chance, endlich in den Weltraum fliegen zu können, ist eine riesige Bereicherung, die meinen Horizont in kurzer Zeit unglaublich erweitert hat. Ich reise viel um die Welt, lerne interessante Menschen kennen, erlebe Dinge wie Schwerelosigkeit oder Zentrifugentraining und werde auf spannende Veranstaltungen eingeladen. Natürlich sind daran gewisse Anforderungen geknüpft. Man bewegt sich plötzlich auf dem Parkett der Medien und steht im Fokus. Aber man wächst mit seinen Aufgaben. Letztlich hat sich mein gesamtes Leben an diesem einschneidenden Erlebnis ausgerichtet. Was das alles bedeuten würde, war damals in diesem kurzen Moment der Entscheidung so noch nicht abzusehen.

Seconds: Sie werden die erste deutsche Frau sein, die als Privatperson ins Weltall reist – was genau fesselt Sie so an diesem Vorhaben?

Sonja Rohde: Es ist das letzte große Abenteuer der Menschheit, bei dem man noch mal die Chance hat, völlig neue Räume zu betreten. Ich wollte aber nicht unbedingt die Erste sein, das hat sich einfach so ergeben. Und ich freue mich, dass ich dem Projekt Starthilfe geben kann.

Seconds: Mit welchen Kosten sind die Vorbereitung und der Flug an sich verbunden?

Sonja Rohde: Der Flug selbst kostet 200.000 US-Dollar. Aber dazu kommen die Kosten für spezielle Trainings, für Reisen in die USA, aber auch innerhalb Deutschlands. Ich bin für dieses Projekt viel unterwegs – und da kommt noch mal einiges an Zusatzkosten zusammen.

Seconds: Haben Sie jemals bei dem Gedanken an dieses außergewöhnliche Lebensereignis kalte Füße bekommen? Mit welchen Risiken müssen Weltraumtouristen rechnen?
Sonja Rohde: Mit den gleichen Risiken, die mit jeder Art von Raumfahrt verbunden sind zum Beispiel die Explosionsgefahr. Ob Sie nun als Wissenschaftler verglühen oder als Privatperson, das ist im Prinzip ja das gleiche. Aber wer ein Abenteuer will, muss sich auch den Risiken stellen. Und die sind bei diesem Vorhaben immens. Denn schließlich ist das ja ein lebensgefährliches Unterfangen, bei dem man auch technisches Neuland betritt.

Seconds: In Cape Canaveral haben Sie zum ersten Mal gespürt, was es bedeutet, schwerelos zu sein. Wie haben Sie sich auf diese Erfahrung vorbereitet?

Sonja Rohde: Die ganzen Vorbereitungen sind sehr intensiv gewesen und nicht zuletzt eine körperliche Herausforderung. Aber das Erlebnis ist so unbeschreiblich schön und unvergesslich! Da lohnt sich der Aufwand.

Seconds: Sie waren schon zu zahlreichen Fernsehsendungen eingeladen und auch die Presse schenkt Ihnen viel Aufmerksamkeit. Wie gehen Sie selbst, aber auch Ihre Freunde und Familie mit diesem konstanten Medienrummel an Ihrer Person um?

Sonja Rohde: Einem selbst kommt das gar nicht so vor. Man merkt das eigentlich im Alltag kaum, wenn man nicht gerade in einer Talkshow sitzt. Natürlich gibt es immer wieder Phasen, in denen das Telefon heiß läuft und richtig Rummel ist. Aber auch daran gewöhnt man sich irgendwann. Am Anfang war es natürlich eine ganz schöne Umstellung, über Nacht plötzlich diese Überkommunikation zu erfahren, die wie eine Lawine auf einen zurollte. Freunde und Familie beobachten das alles ganz gespannt und freuen sich mit mir auf dieses Abenteuer.

Seconds: Als Frau in einer von Männern dominierten Branche müssen Sie sich bestimmt oft behaupten. Wie reagieren die Männer im Speziellen auf Ihre Zukunftspläne?

Sonja Rohde: Die Männer finden das ganz cool. Vielleicht sehen sie mich auch als eine Art Barbarella oder Amazone des Weltalls. Die Menschen, die bei solchen Projekten dabei sind, sind meistens alle sehr aufgeschlossen und denken nicht in solchen Kategorien. Mein Freund macht sich natürlich Sorgen. Er sagt immer: „Du bist die Frau meines Lebens – und wenn Dir da oben etwas passiert, was mache ich dann?“

Seconds: Frau Rohde, im Jahr 2005 ist Ihr Traum – unverhofft – in greifbare Nähe gerückt. Nun sind acht Jahre vergangen und der Flug ins All ist noch nicht Realität geworden. Wie sind Sie mit den ständigen Verzögerungen zurechtgekommen?

Sonja Rohde: So schnell lasse ich mich nicht entmutigen! In den Weltraum zu fliegen ist immer noch mein größter Wunsch – seit über 30 Jahren! In den letzten acht Jahren habe ich mich jedoch wie ein buddhistischer Mönch in Gelassenheit üben müssen. Aber tief im Innern weiß ich, dass sich das Warten am Ende lohnen wird, auch wenn es verdammt schwerfällt.

Seconds: Wodurch kamen die Verzögerungen zustande?

Sonja Rohde: Es gab eine Explosion mit drei Toten bei einem Triebwerkstest. Soweit ich weiß, musste nach diesem schrecklichen Unglück ein neues Triebwerk und ein neuer Treibstoff entwickelt werden. Daraufhin wurde die Testphase verlängert und die ohnehin schon hohen Sicherheitsstandards mussten noch weiter verschärft werden.

Seconds: Bereiten Sie sich immer noch tagtäglich auf den Flug vor oder ist bei Ihnen bis zum Antritt des Fluges der Alltag wieder eingekehrt?

Sonja Rohde: Sowohl als auch. Die Fitness muss natürlich permanent aufrechterhalten werden, aber der Alltag findet auch noch statt.

Seconds: Die Virgin Galactic ist das erste Spaceshuttle, das Weltraumreisen für Privatpersonen anbietet – der französische Designer Philippe Starck hat das Raumschiff gestaltet. Die Reise ins All kostet rund 200.000 US-Dollar – ein Betrag, mit dem andere ein ganzes Haus kaufen. Was macht Sie so sicher, dass die Reise das wert ist, und wie finanzieren Sie Ihr Vorhaben?

Sonja Rohde: Ich glaube, von einem erfüllten Traum zehrt man sein Leben lang! Ein Haus verpflichtet einen nur zum Putzen und außerdem kann es morgen schon in Flammen aufgehen – aber die Eindrücke, die ich im Weltall sammeln werde, die sind unvergänglich. Das ist etwas, was mir niemand mehr nehmen kann.

Seconds: Wissen Sie schon, wer die Weltraumtouristen sind, die mit Ihnen fliegen werden? Wie viele Weltraumflüge sollen pro Jahr stattfinden?

Sonja Rohde: Am Anfang sind Flüge ein Mal pro Woche geplant. Später täglich. In ein Raumschiff passen sechs Passagiere und zwei Piloten. Natürlich habe ich bei den Trainings und den Veranstaltungen schon einige private Raumfahrer aus aller Welt kennengelernt. Es hat etwas von einer Schulklasse, die durch das gemeinsame Ziel einen starken Zusammenhalt entwickelt hat.

Seconds: Welche Gedanken schossen Ihnen beim legendären Stratosphärensprung des Extremsportlers Felix Baumgartner durch den Kopf und wie erlebten Sie dieses Ereignis?

Sonja Rohde: Ich habe gedacht, wow, diesen Blick werde ich auch erleben, nur noch 80 Kilometer höher.

Seconds: Buzz Aldrin, der als zweiter Mensch den Mond betreten hat, haben Sie schon getroffen. Gehören Astronauten wie er und Neil Armstrong zu Ihren Vorbildern?

Sonja Rohde: Natürlich habe ich große Achtung vor der Leistung dieser Pioniere, und es war eine sehr interessante Erfahrung, Buzz Aldrin kennenzulernen. Aber ich finde, wenn man Buzz Aldrin und Neil Armstrong erwähnt, gehört definitiv auch Walentina Tereschkowa in diese Reihe, die vor 50 Jahren als erste Frau ins All geflogen ist.

Seconds: Was kommt nach Ihrer Reise? Könnten Sie sich vorstellen, das alles noch einmal zu wiederholen?

Sonja Rohde: Für eine Reise zum Mond inklusive Aufenthalt im Space Hotel wäre ich durchaus zu haben.

Seconds: Bringen Sie uns ein Souvenir mit?

Sonja Rohde: Meine Erinnerungen …! Ich würde Ihnen gern ein Souvenir mitbringen, aber leider werden wir keine Möglichkeit zu einem Weltraumspaziergang haben. Also keine Möglichkeit, am Wegesrand etwas mitzunehmen. Man darf ohnehin auch nicht viel mit an Bord nehmen. Es gibt strenge Vorschriften hinsichtlich des Gewichts. Sollte ein Meteorit ins Raumschiff einschlagen, kann ich den gerne mitbringen – falls wir das überleben sollten. Aber im Ernst, ich hoffe natürlich, dass wir alle wohlbehalten zur Erde zurückkehren und ich von diesen atemberaubenden Momenten im All erzählen kann.

Vielen Dank für das Interview.
Wir wünschen Ihnen alles Gute.

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