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Akademie der Künste der Welt

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Der Kunstwelt eine globale Stimme geben – VON IRIS THEN – Was hier wirklich vor sich geht, kann wohl nur verstehen, wer regelmäßig kommt. Schließlich lässt sich die Dimension eines geplanten Wolkenkratzers ja auch nicht über eine einzige zementierte Wand begreifen. Die Rede ist von der Kölner „Akademie der Künste der Welt“ und ihren Aktivitäten. 2007 in Anlehnung an das Berliner „Haus der Kulturen der Welt“ durch den Kölner Schriftsteller Navid Kermani initiiert und schließlich vom Rat der Stadt Köln bewilligt, wurde sie anlässlich ihrer Eröffnung im Oktober letzten Jahres von der Süddeutschen Zeitung euphorisch sogar als der spannendste Ort Deutschlands bezeichnet. Trotzdem weiß noch immer keiner so richtig, worum es geht.



„Wir auch nicht“, lacht Sigrid Gareis, die Generalsekretärin der Akademie. „Wir sind ja auch noch ganz am Anfang unserer Arbeit.“ Während die heimische Szene den Bau dieses „Wolkenkratzers“ noch immer mit Skepsis beäugt, nimmt man die neue Einrichtung bereits mit großem Interesse über die Landesgrenzen hinaus wahr. Das liegt nicht zuletzt an ihrer bundesweit einzigartigen Ausrichtung: Nicht in Form einer Ausbildungsstätte, sondern als Künstlergesellschaft eines neuen Typus, verfolgt sie das ambitionierte Ziel, künstlerische und politische Praxis jenseits nationalstaatlicher, ethnischer und religiöser Grenzen im interkulturellen Dialog zu einer global agierenden Künstlerstimme zu formulieren.

Internationalität und Interkulturalität auf höchstem Niveau

An Aktivitäten nach außen sichtbar sind vor allem die Salons der Akademie, die mehrmals im Monat, zugänglich für alle Interessierten, stattfinden. Hier stellen national und international renommierte Referenten aus Kunst und Kultur ihre Arbeit vor. Das klingt aufs Erste sehr elitär. Doch man muss weder Ausstellungsmacher sein, um den Ausführungen einer Donna Williams zu lauschen – wenn sie mit Humor erzählt, wie sie es sehr erfolgreich schafft, als Leiterin Audience Development des Metropolitan Museum of Art N.Y. Menschen aus unterschiedlichen Ethnien für die Kunst ihres Museums zu interessieren – noch muss man Architektin sein, um der Stipendiatin der Akademie Sandi Hilal zuzuhören, wenn sie eindrucksvoll erklärt, wie Kunst und Architektur dazu beitragen können, sich als Gemeinschaft jenseits eines Nationalstaats zu begreifen.

Ausgerichtet wird die öffentliche Salon-Reihe im Mediapark von den Mitgliedern der „Akademie der Künste der Welt“. Zurzeit sind es 17, insgesamt sollen es einmal 40 werden. Für fünf bis zehn Jahre sind sie berufen. Sie kommen aus allen Kunstsparten und aus allen Erdteilen und stellen die wichtigste Säule der Einrichtung dar. Zur Präsidentin wurde die aus Israel stammende Schriftstellerin Galit Eilat gewählt. Zweimal im Jahr trifft sie sich mit allen Mitgliedern bei einem Kongress in Köln, dort wird über die Programmarbeit und die Auswahl der Stipendiaten entschieden.

Auch ein Artist-in-Residence-Programm gehört zu den vier Hauptsäulen der Akademie. Seit Dezember 2012 ist das palästinensische Künstlerpaar Basel Abbas und Ruanne Abou-Rhame für neun Monate in Köln. Im Januar folgte der chinesische Schriftsteller Ye Fu.
Die jährliche Ausschreibung externer Best- Practice-Projekte in den Feldern Migration und außereuropäischer Kunst und Migration stellt die dritte Säule dar. Vor einem Jahr zählte man 75 Einreichungen, in diesem Jahr bereits 800. Ein deutliches Zeichen für den schnell wachsenden Bekanntheitsgrad der Akademie.
Doch nicht nur die Kunst- und Kulturschaffenden, die am Zenit ihrer Karriere stehen, sollen den interkulturellen Dialog der neuen Einrichtung ausgestalten, sondern auch die jungen Leute. Deswegen gibt es die vierte Säule, die „Junge Akademie“. Im März dieses Jahres wurden die ersten elf Mitglieder gewählt. Kunstaffine Schüler und Studenten aus dem Kölner Raum zwischen 16 und 21 Jahren. Auch sie sollen sich in Debatten und Projekten mit der sich verändernden und internationalisierten Kulturwelt auseinandersetzen und auf diese Weise eine eigene Künstlerstimme formulieren.

Ein globaler künstlerischer Think Tank

Doch an wen soll sich so eine neue Künstlerstimme eigentlich richten? Im Gegensatz zum Berliner „Haus der Kulturen der Welt“, das einen klaren Beratungsauftrag an die Bundesregierung hat, stellen sich durch die globale Ausrichtung der „Akademie der Künste der Welt“ ganz neue Fragen, die bislang noch keiner beantworten kann. Welche Wege gibt es, um kreative Gemeinschaften unterschiedlicher Herkunft miteinander in Verbindung treten zu lassen, Kommunikationsbarrieren abzubauen und voneinander zu lernen? Das Ganze wirkt wie ein riesiges Ideenlabor, ein globaler künstlerischer Think Tank.

Die (Kunst-)Welt will man nach Köln bringen, so heißt es, und gleichzeitig eine Stimme von Köln aus hinaus in die Welt senden. Die Stadt verspricht sich von der neuen Einrichtung, ihre frühere Bedeutung als Kulturmetropole national und international zurückzugewinnen und hat sich damit auf ein hohes Ross gesetzt. Trotz Krisenzeiten und knappem kommunalen Haushalt investiert sie pro Jahr eine Million Euro.

Doch die Rechnung scheint bisher aufzugehen. Bereits im Mai, so berichtet die Generalsekretärin, waren 16 Programmleiter Südostasien des Goetheinstituts in Köln. Sie sind an einem Austausch mit der Jungen Akademie interessiert. Außerdem wurde ein Roundtable für Migration und Integration eingerichtet, der viele Kunst- und Kulturinstitutionen der Stadt Köln miteinander verbindet.

„Wenn von außen so eine Belebung kommt“, ist sich Sigrid Gareis sicher, „gibt das auch der heimischen Kunstszene wieder einen Schub.“ Jedoch drei Jahre, so meint sie, müsse man mindestens rechnen, bis sich eine klare Entwicklung abzeichnet. Vielleicht weiß man dann ja auch schon mehr darüber, was es bedeutet, eine globale Künstlerstimme zu formulieren und wohin das hohe Ross mit seinem Reiter reitet.

Akademie der Künste der Welt
Im Mediapark 7
50670 Köln
Deutschland
Tel: +49 (0)221-337748-0
www.academycologne.org

 

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